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Neues aus der Musik-Redaktion

Mal mit Ernst! Liebe oder Angst? N eulich fragte mich Erik, der einzige ErzieHERR der Gegend weit und breit: „Kennen Sie den Film ‚Baby Boom‘?“ „Klar“, sagte ich, „1987. J. C. Wyatt (Diane Keaton) erbt die 13 Monate alte Elizabeth von entfernten Verwandten, die bei einem Unfall ums Leben kamen.“ „Kennen Sie auch diese Flashcards, die in dem Film vorkommen?“ „Na sicher. Da sitzt Diane Keaton in einem Saal voller Minimäuse mit je einem Elternteil von Angesicht zu Angesicht, zeigt Bildkarten (sog. Flashcards) und rattert die dazugehörigen Wörter runter. Der Japaner Makoto Shichida hatte diese Methode damals gerade entwickelt ... Ist in Japan heute noch Programm!“ „Und noch viel mehr“, sagte Erik und verdrehte dabei genervt die Augen. „Da fängt die Erziehung schon an, wenn noch gar kein Babybäuchlein zu sehen ist: Pränatales Intelligenztraining, Bewerbungen in den bildungsstärksten Kitas mit den erlesensten ErzieHERRINNEN und ErzieHERRN … und einer Angebotspalette, die so manchen Erwachsenen überfordern würde.“ E rik war schon fast auf der Spitze seiner Palme. Ich setzte noch einen drauf: „Aber dafür lagen die Japaner auf Platz 7 im letzten PISA-Test und wir nur auf Platz 16.“ „Das ist doch krank“, antwortete er leise und bäumte sich noch einmal auf: „Aber zumindest haben wir hier noch kein Wort für „Tod durch Überarbeitung“ wie in Japan (Karōshi). Aber Hikikimoris gibt es hier auch schon. Menschen, die sich überfordert isolieren und sich monate- oder sogar jahrelang aus der LEBENSwelt zurückziehen. Ganz abgesehen von der Selbstmordrate dort, die weltweit die höchste ist – vor allem bei jungen Menschen. – Wo soll DAS bloß enden?“ I ch befürchte“, warf ich ein, „dass einige Menschen in Japan aus unserer Sicht das Leben verlernt haben. – Viele leben allein und pflegen auch sonst keine sozialen Kontakte. Einige windige Geschäftslaute haben den Trend schon aufgegriffen. Sie bieten Hochzeitsinszenierungen an – mit allem Pipapo und jeder Menge Erinnerungsfotos – nur ohne Mann. Sie eröffnen Restaurants nur mit Stehplätzen, damit keiner alleine am Tisch sitzen muss. Sie buchen bei Postbeamten eine Zusatzleistung, damit diese bei isolierten alten Leuten klingeln und sich nach deren Befinden erkundigen. Sie schließen Extraverträge mit Energieunternehmen, die z. B. die Verbrauchsdaten der Oma an Verwandte weitergeben. So wissen die dann, dass die Oma noch lebt. Und von Amts wegen versuchen sie jetzt, den Menschen mit Hochzeitsunterstützungszentren das Zusammenleben wieder schmackhaft zu machen.“ N ein, das ist ja gruselig!“ Erik schüttelte sich, als wollte er sich allein von der Möglichkeit dieser Möglichkeit befreien, jedoch wohl wissend, dass auch hier bei uns ein ähnlicher Trend schon lange gelebt wird, und fragte: „Was, glauben Sie, können wir tun, um solche Verwicklungen zu stoppen?“ „Sie meinen, solange es noch Menschen gibt, die wissen, wie Leben geht – jenseits der Angst, nicht zu den Höchsten, Schnellsten und Besten zu gehören?“ „Ja.“ ––– „Liebe, Liebe und noch einmal Liebe!“ Da freut sich Jogi, das Nachbarkind: Ich muss nur, was ich wirklich MUSS. Warum, erklären mir meine Eltern. Alles andere DARF ich. – Diktate schreiben muss ich, weil ich später ein Buch über Tiefseetiere schreiben will. Mathe muss ich auch, damit ich berechnen kann, wie tief ich tauchen darf. Und Bio? Darf ich!! (Beate Dapper, 4/2015) cc
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