Neues aus der Musik-Redaktion
Mal mit Ernst!
Recht, Gerechtigkeit & Vorbilder
N
eulich traf ich Herrn Sauerbein. In seiner Schule haben sie einen neuen Kopierer
angeschafft — und sogar weißes Papier! „Doch nur der bekommt einen Schlüssel zu dem
Raum, in dem der teure Kopierer steht“, erzählt er, „der die Handhabung wirklich
verstanden hat.“ – Am Donnerstag gäbe es eine Fortbildung und einen Test. Daher fiele
die Schule in den letzten zwei Stunden aus. Hoch motiviert erzählt Herr Sauerbein, seine
Leistungsbereitschaft sei sehr hoch! Und als intelligenter Mensch verspüre er die
Fähigkeit, die technische Herausforderung zu meistern.
E
in Samstag früh an einer Wursttheke.
Herr Sauerbier steht etwas bedröppelt neben mir. „Und?“, frage ich, „wie war die
Fortbildung?“ - „Katastrophal! Das Material, also die Gebrauchsanleitung war (wie alle
anderen auch) nicht zu gebrauchen: die Schrift klein, die Erläutungen kompliziert, die
Formulierungen höchst technisch. Und der Fortbildungsleiter hat‘s eigentlich nur
abgelesen und die Schritte am Kopierer viel zu schnell gezeigt. Keiner hat‘s so richtig
kapiert. Und genauso ist der Test auch ausgefallen. Zwei haben bestanden. Vier nicht. -
Ich auch nicht.
I
n meiner Bewertung stand: Sie haben den technischen Ablauf im Groben verstanden.
Jedoch weisen Ihre Kenntnisse bedenkliche Lücken auf, die eine Wiederholung der Prüfung
notwendig macht. Nutzen Sie bis dahin bitte den alten Kopierer.
„Finden Sie das gerecht?“, fragt mich Herr Sauerbein.
E
indringlich kratzte ich meinen Kopf. Herr Sauerbein war nämlich einst Lehrer meines
Sohnes ... Und dass unser Bildungssystem junge Menschen auf seine fachspezifischen
Leistungen in mindestens zehn Disziplinen reduziert, ist kein großes Geheimnis. Jeder
Lehrer sieht also nur ein Zehntel des jungen Menschen, den er gerade vor sich hat! Herr
Sauerbein gibt aber nur Mathe und Physik.
Zeit für Ehrlichkeit!
„Als Sie meinem Sohn vor einigen Jahren Inkompetenz vorwarfen, weil er den
Formelsalat aus Ihrem didaktischen Gewehr nicht so schnell verarbeitete wie Sie als sein
studiertes Gegenüber verlangten, und darüber hinaus an der Leistungsbereitschaft und
selbstständig organisierten Fähigkeit meines Sohnes zweifelten, Fertigkeiten auch ohne
Ihre Hilfe zu entwickeln, schrieben Sie in seine Bewertung: Du hast den Stoff der siebten
Klasse im Groben verstanden. Jedoch weisen deine Kenntnisse bedenkliche Lücken auf,
die eine Wiederholung der Klasse notwendig macht. Nutze die Zeit, um dich
weiterzuentwickeln.
Nun zurück zu Ihrer Frage: Ja, ich finde das gerecht!“
Da freut sich Jogi, das Nachbarkind:
Gestern ist Frau Schöne nach dem Verkehrsunterricht mit ihrem Fahrrad auf dem
Bürgersteig gefahren, trotzdem dort kleine Kinder spielten. Sie hat mich nicht gesehen
...
Wenn ich mal groß bin und Frau Schöne mehr Platz für sich und ihren Rollator braucht,
dann fahre ich auch auf dem Bürgersteig. Ist sicherer für mich!
(Beate Dapper, 12/2014)
cc