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Mal mit Ernst! Lebensstil oder gestyltes Leben? N eulich saß ich vor dem besten Latte Macchiato der Stadt. Ich atmete tief ein und genoss diesen Miniausschnitt in meinem Leben. – In diesem Moment setzte sich ein junges Paar an den Nebentisch und ließ mich unfreiwillig in die launigen Themen dieser Zeit zurückpurzeln; ich wurde Ohrenzeuge eines kleinen Gesprächs. E s ist doch kein Wunder, dass eine Kultur des Bedenkens, Zweifelns und Sorgens wächst, wenn es darum geht, Eltern zu werden“, sagte der Mann und fügte hinzu: „Heutzutage KANN man ja mit Kindern nur alles falsch machen.“ „Ach“, sagte die Frau lächelnd, „du spielst auf deine Nichte an? Die keine zwei Stunden am Tag ohne festgezurrtes Programm hat? Und die mit ihren sechs Jahren schon tiefere Augenränder hat als unser Nachbar mit der 60-Stunden-Woche?“ Der Mann kratzte sich unsicher die Augenbrauen. „Ich habe im Kulturministerium einen anspruchsvollen Beruf. Du promovierst gerade und bekommst dann deinen heiß erstrebten Posten als Schulleiterin. – Wer soll sich denn um ein Kind kümmern? Fremde Leute, die wir gut bezahlen, damit sie es nach unseren Vorstellungen erziehen?“ Die Frau überlegt: „Nun, aus rationaler Sicht hast du sicher Recht. Aber andere schaffen das doch auch …“ Hilfesuchend blickt sie in meine Richtung und ahnt, dass ich die ganze Zeit zugehört habe. Es scheint ihr ein bisschen peinlich zu sein und doch spricht sie mich an: „Was meinen Sie?“ Bevor ich etwas sage, sicherte ich mir den wohlwollenden Blick des Mannes. I ch will Ihnen einige Fragen stellen: Warum hat Ihre Großmutter Ihre Mutter geboren und diese Sie? Warum haben noch weiter zurückliegende Vorfahren mitten in Kriegszeiten oder in Zeiten der Pest und während anderer Unwegsamkeiten des Lebens einen Menschen in diese Welt gesetzt, der notwendig war, damit Sie heute hier sitzen können? Und warum, glauben sie, ist die Zeit heute ungeeigneter für eine Elternschaft als je zuvor?“ N un“, sagte der Mann, „vielleicht hätten sie anders entschieden, wenn sie Verhütungsmittel gekannt hätten.“ Und die Frau erklärte: „Heute können wir es uns eben aussuchen, welches Leben wir leben wollen.“ „Zur dritten Frage“, warf der Mann ein, „habe ich auch eine Antwort gefunden: Weil die Anforderungen der Gesellschaft so unglaublich hoch sind und das gesamte System weniger einem Lebensstil als einem gestylten Leben nahekommt … und weil wir schon in jungen Jahren SO erwachsen sind, dass wir eine – sorry – irrationale Entscheidung dieser Art oft nicht mehr in Betracht ziehen.“ Ich lächelte und zog meine linke Augenbraue ein Stück höher: „Aus der von Ihnen beschriebenen unerwachsenen „irrationalen Entscheidung“ erwächst plötzlich eine sehr rationale Frage: Wenn keiner Kinder hätte, was würden Sie DANN beruflich tun?“ Da freut sich Jogi, das Nachbarkind: Erwachsene sind komisch. Immer erzählen sie uns, dass wir nicht ALLES haben können! Aber sie wollen ALLES - sogar das, was sie gar nicht brauchen ... Ich will lieber nicht so richtig erwachsen werden, weil ich nicht nur planen will, sondern auch leben – und das MIT Kindern, so wie ich eins bin! (Beate Dapper, 4/2015) cc
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